Auf der Agenda aller Kommunen stehen Aufgaben wie Infrastrukturmaßnahmen, die Umsetzung von Bildungsreformen, Wirtschaftsförderung oder der landwirtschaftliche Strukturwandel. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeiten der Gemeinden beeinflusst, wie sie diese Themen angehen können. Die niedersächsische Landesregierung beauftragte 1965 die Weber-Kommission ein Gutachten über die bisherigen Kommunalstrukturen zu erstellen. Eine wichtige Rolle spielten die Aspekte Leistungsfähigkeit, Kostenersparnis und Rationalisierung. Das im März 1969 vorgestellte Weber-Gutachten empfahl eine grundlegende Kreis- und Gebietsreform, was viele Jahre zu kontroversen Diskussionen führte.

1967

Bereits vor den offiziellen Städtepartnerschaften der 1970er Jahre gab es im Landkreis freundschaftliche Beziehungen nach Frankreich. Viele Jugendliche erlebten auf einem Austausch ihre erste Auslandsreise. Auf Einladung des Landvolks war 1967 eine Gruppe junger Landwirtinnen und Landwirte aus Frankreich zu Gast. In Anbetracht des Strukturwandels in der Landwirtschaft hatten diese Besuche eine besondere Bedeutung für den Wissenstransfer.

Kreiszeitung,Nr. 157, 10.07.1967, 107. Jg.

Der Landkreis Grafschaft Hoya wurde in 3 Teile geteilt, welche ab 1977 zu den neuen Landkreisen Nienburg, Verden und Diepholz gehörten. Syke verlor zu Gunsten von Diepholz den Status als Kreisstadt. Kleinere Gemeinden wie Bramstedt oder Osterholz wurden eingemeindet. Ein emotionsgeladenes Symbol für den drohenden Verlust der politischen Selbstverwaltung war das Fahrzeugkennzeichen SY. Auf vielen Fahrzeugen prangte der Aufkleber „Erhaltet den Landkreis Grafschaft Hoya“ mit dem markanten Bärentatzen-Wappen. Trotz vielfältiger Proteste fand die kommunale Gebietsreform wie geplant statt. Durch die Kennzeichenliberalisierung ist es seit 2018 möglich statt dem Fahrzeugkennzeichen DH das alte Kennzeichen SY zu wählen. Am ersten Tag der Ausgabe am 24. April 2018 lagen über 1.600 Reservierungen vor.

Zeitgleich boten boten die wachsenden Städtepartnerschaften Grund zur Freude. Bereits seit den 1950er Jahren bemühten sich viele Bürgerinnen und Bürger um eine Aussöhnung mit Frankreich. Der Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 hatte diese privaten Aktivitäten politisch bekräftigt. Vor allem in den 1970er Jahren schlossen Städte in Deutschland und Frankreich eine „Jumelages de Villes“. Bassum und Fresnay sur Sarthe sowie Weyhe und Coulaines besiegelten ihre Verbindung 1972. Ein Jahr später folgten Syke und der Canton La Chartre und 1977 Stuhr und Ecommoy. Vereine, Chöre, Jugendgruppen und Schulklassen machten sich im Sinne der Völkerverständigung und der Abenteuerlust auf die Reise ins Nachbarland. Gerne benannten die Gemeinderäte Plätze oder Straßen an prominenten Stellen mit dem Namen der Partnergemeinde. In Bassum gibt es seit 1973 den Fresnays-Platz vor dem Rathaus in Syke die La-Chartre-Straße am Schulzentrum und in Harpstedt seit 1978 die Loué-Straße.

1972

Der Kreistagsfraktion der CDU gehörten 1973 16 männliche, aber keine weiblichen Mitglieder an. Nach der Kreistagswahl im Landkreis 2021 sind von 60 Sitzen 21 mit Frauen besetzt. Die CDU-Fraktion gewann 20 Mandate, davon wurden 8 von Frauen eingenommen. Frauen sind in Entscheidungspositionen von Wirtschaft und Politik immer noch unterrepräsentiert. Wahlrechtsreformen, Frauenquoten oder Förderprogramme wie „Frauen.Macht.Politik“ sollen dieses Missverhältnis ändern.

Kreiszeitung, Nr. 284, 06.12.1972, 112. Jg.

1977

Je näher der Termin rückte für die Kreisreform am 1. August 1977, desto stärker und kreativer wurde der Protest. Der Künstlerstammtisch des Kreises Hoya ersann 1977 eine musikalische Protest-Schallplatte mit dem Titel: „Die Niedersächsische Schlachteplatte“. Die Vorstellung der LP im Februar 1977 übernahmen Traute Dittmann-Brüggenbors, Hans O. E. Gronau (links) und Herbert Bodzin (rechts), provokativ vor dem Syker Kreishaus platziert.

Kreiszeitung, Nr. 40, 17.02.1977, 117. Jg.

Eine durchweg emotionale Debatte entfacht sich beim Thema Gleichstellung von Mann und Frau. Seit Bestehen des Grundgesetzes 1949 sind Frau und Mann formal gleichberechtigt. Eine rechtliche Gleichstellung war damit noch nicht vollzogen. Viele Gesetze im Bereich des Ehe- und Familienrechts sowie Regelungen zu sexueller Selbstbestimmung, Erwerbstätigkeit oder finanzieller Selbstständigkeit waren massiv reformbedürftig. Die zweite Frauenbewegung brachte diese Themen mit dem Credo „Das Private ist politisch!“ seit Anfang der 1970er Jahre auf die politische Bühne. „Erstmals eine Frau im Rat der Samtgemeinde“ hieß es 1972 in der Kreiszeitung, nachdem Ulrike Tolksdorf das erste weibliche Mitglied des Samtgemeinderats in Asendorf wurde. 1981 gab der CDU-Gemeindeverband Stuhr bekannt, dass er nun auch Frauen auf die Liste für die anstehenden Kommunalwahlen aufnimmt. Um dieses Ungleichgewicht in der Arbeitswelt zu beseitigen ernannten Syke (1987), Stuhr (1989) oder Bassum (1995) die ersten Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.

So hart die Meinungen beim Thema Gleichstellung aufeinander prallten, so waren sich viele Bürgerinnen und Bürger beim Thema Friedenssicherung wieder einig. „Frieden schaffen ohne Waffen!“ war das Mantra der Friedensbewegung. Die Angst vor einem dritten Weltkrieg schloss ganz unterschiedliche Gruppen zusammen. Anfang der 1980er Jahre gründeten sich im neuen Landkreis Diepholz eine Vielzahl miteinander vernetzter Bürgerinitiativen. Der Bassumer „Arbeitskreis für Frieden und Abrüstung“, das „Abrüstungsforum Stuhr“ oder die „Friedensgruppe Harpstedt“ veranstalteten gemeinsame Friedens- und Gebetswochen, Oster- und Sternmärsche oder familiäre Friedensfeste.

1986

Das universelle Symbol der Friedensbewegung war die weiße Taube auf blauem Grund. Dieses Transparent stellte der Weyher Ostermarsch 1984 als Mahnung und Anregung auf dem Leester Rathausplatz auf. Zeitgleich fand auf dem Gut Varrel ein Familien-Osterfest statt. Die Besucherinnen und Besucher verarbeiteten Kriegsspielzeug zu einem Denkmal, bemalten Luftballons mit Friedensbotschaften und suchten an Infoständen das Gespräch.

Kreiszeitung, Nr. 96, 24.04.1986, 124. Jg.