In der jungen Bundesrepublik galt die Massenmotorisierung als Zeichen für wirtschaftliche Stärke und Wachstum. Automobilclubs wie der AC Syke erfreuten sich wachsender Beliebtheit. Gemeinsame Ausflugsfahrten, Geschicklichkeitswettbewerbe auf dem Parkplatz am Mühlenteich oder Nachtfahrten waren bei den Vereinsmitgliedern beliebt. Allerdings waren weder das Straßennetz noch die Anzahl der Parkplätze für den steigenden Raumbedarf der Fahrzeuge ausgelegt. Umfangreiche Straßenbaumaßnahmen seit den 1960er Jahren waren die Antwort auf dieses Problem. In den Orten entfernten Bauteams Häuser und Baumgruppen, um „Engstellen“ zu beseitigen. Alte Alleen an der B6 und der B51 wurden für breitere Straßen abgeholzt. Für den Ausbau der Landesstraße 332 wurde 1970 in Neubruchhausen sogar die Kapelle der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde abgerissen. Lange Jahre beugten sich die Bürgerinnen und Bürger dem Fortschrittsglauben. In den 1970er Jahren verschob sich der Blick auf die immer sichtbarere Umweltzerstörung. Es gründeten sich Bürgerinitiativen wie „Mehr Grün für Stuhr e. V.“ oder die „Initiative Umweltschutz Weyhe“, die ein Umdenken forderten.

1964

Die Schutzmaßnahmen für die Fahrzeuginsassen waren bis in die 1970er Jahren rudimentär. Dies zeigte sich besonders nach den Unfällen wie hier 1963 in Heiligenfelde. Die Fahrzeuge glichen zerbeulten und aufgeschlitzten Konservendosen. Viele Jahre machte Helmut Niedfeldt die Unfallbilder für die polizeilichen Ermittlungen. „Wenn die Polizei mir schon gesagt hat, „Presch da nicht so ran.“, dann bin ich da mit bestimmten Gefühlen hin gefahren und hab gar nicht so genau hingeguckt. Denn dann, war ich schon darauf eingestellt, wenn die Unfallopfer da gelegen haben“, wie Herr Niedfeldt im Interview 2020 berichtete.

Kreiszeitung, Nr. 14, 17.04.1964, 104. Jg.

Auch in den kleinen Landgemeinden und Städten stöhnten die Einwohnerinnen und Einwohner über die „Autoflut“, wie der Kreiszeitung regelmäßig zu entnehmen war: „Verkehrschaos in der Kreisstadt, der Mühlendamm war völlig verstopft“ (12. November 1966). „Der Gemeinde Stuhr stehen die Autos bis zum Hals“ (27. Juni 1981). „In 24 Stunden fahren 24.000 Personenwagen durch Brinkum“ (18. August 1982). Viele Gemeinden begannen in den 1980er Jahren mit dem Entwurf von Umgehungsstraßen. Bassum plante die B51 und B61 um die Stadt herumzuführen, anstatt mitten hindurch. Syke, Brinkum sowie Stuhr entwarfen Pläne die B6 umzuleiten. Bis zum Abschluss dieser Großprojekte, die durchaus kritisch diskutiert wurden, vergingen oft viele Jahre.

Im gleichen Maße wie die Anzahl der neu zugelassenen PKW anwuchs, stiegen die Unfallzahlen. Dieser Trend war bundesweit (Westdeutschland) zu beobachten. Nach der Bekanntgabe der niedersächsischen Unfallstatistik für das Jahr 1965 mit 3.000 Verkehrstoten titelte die Kreiszeitung am 8. Juni 1966: „Ein Ort wie Harpstedt wäre ausgelöscht“. 1970 erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt mit bundesweit (Westdeutschland) 19.193 Verkehrstoten und 531.795 Verletzten. Auf 100.000 Fahrzeuge zählte das statistische Bundesamt 1971 107 Unfälle. Obwohl mittlerweile deutlich mehr Fahrzeuge zugelassen sind, kamen 2016 laut statistischem Bundesamt nur 6 Unfälle auf 100.000 PKW. Diese erschütternde Statistik löste eine politische Trendwende aus. Seit Anfang der 1970er Jahre erließ die sozial-liberale Bundesregierung neue Gesetze und Verordnungen zur Verkehrssicherheit. In den meisten Fällen waren überhöhte Geschwindigkeit oder Alkohol am Steuer die Ursache. Die Promillegrenze von zunächst 0,8 galt seit 1973 und wurde später weiter verschärft.

1966

Wer parkt besser und nimmt den Pokal mit nach Hause? Der Automobilclub Syke (ACS) richtete am 16.05.1966 erneut das beliebte Geschicklichkeitstunier auf dem Parkplatz am Syker Mühlenteich aus. Die Fahrerinnen und Fahrer maßen sich in den Disziplinen Schätzen von Einfahrt-Breiten, rückwärts Einparken oder Anfahren am Berg. Die Vereinsmitglieder betrachteten ihr Engagement als aktiven Beitrag zur Verkehrssicherheit.

Kreiszeitung, Nr. 113, 16.05.1966, 106. Jg.

1974

Der Einsatz des Rettungshubschraubers Christoph 6 seit 1973 verkürzte die Transportdauer, was die Überlebenschancen der Unfallopfer deutlich erhöhte. Bei einem Unfall mit einem Schulbus bei Kleinenborstel auf der L 202 bohrte sich eine Eisenstange in den Fahrgastraum. Zwei Schulkinder waren so schwer verletzt, dass der Hubschrauber sie im März 1974 in ein Bremer Krankenhaus brachte.

Kreiszeitung, Nr. 64, 16.03.1974, 114. Jg.

Drei Jahre später wurde das Anschnallen auf den Vordersitzen ebenso Pflicht wie das Tragen eines Schutzhelmes für Motorradfahrerinnen und Motoradfahrer. Da viele Unfallopfer direkt an der Unfallstelle oder auf dem Weg ins Krankenhaus verstarben, wurde das Notfallrettungssystem verbessert. Die Schutzmaßnahmen für die Fahrzeuginsassen waren bis in die 1970er Jahren wenig ausgebildet. Die Autos glichen eher fahrenden Konservendosen, daher wurde massiv in die Entwicklung von Sicherheitstechnik investiert. Knautschzone, Seitenaufprallschutz, ABS, Überrollbügel oder Kopfstützen sind das Ergebnis dieser Bemühungen, die heute serienmäßig sind.

Aber nicht nur PKW-Fahrerinnnen und Fahrer lebten gefährlich, sondern auch Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger. Die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer waren und sind Kinder. Aufgrund ihrer entwicklungsbedingten Besonderheiten sind sie besonders gefährdet. Der Verkehrsunterricht steht bis heute in den Schulen und Kindergärten auf dem Stundenplan. Seit Jahrzehnten unterstützen die Verkehrswacht Grafschaft Hoya zusammen mit der Polizei die Lehrkräfte.

1981

Seit 1953 unterstützt die Kreisverkehrswacht Grafschaft Hoya zusammen mit der Polizei die Verkehrserziehung in Schulen und Kindergärten. Der im Oktober 1981 angelegte Verkehrsgarten im Kindergarten Bruchhausen-Vilsen war der erste seiner Art in Niedersachsen. Die Kinder erlernten mit Kettcars, Verkehrskasper und Fahrrädern spielerisch die wichtigsten Verkehrsregeln.

Kreiszeitung, Nr. 230, 03.10.1981, 121. Jg.