Die Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg war groß. Im benachbarten Bremen waren viele Wohnviertel zerstört und der Zustrom von Vertriebenen verschärfte das Problem. In der jungen Bundesrepublik gab es 1949 nur 9,4 Millionen Wohnungen, obwohl 14,6 Millionen gebraucht wurden. In ländlichen Gebieten wie dem Landkreis Grafschaft Hoya waren die Schäden deutlich geringer. Viele vertriebene und ausgebombte Familien fanden hier eine vorübergehende Notunterkunft. Mit Wohnungsbaugesetzen, Förderprogrammen und Steuervergünstigungen begegnete die Regierung Adenauer der Wohnungsnot. Heute zeugen noch die Straßennamen in den Wohngebieten von diesem Kapitel deutscher Geschichte. Typische Straßennamen auf den Stadtplänen in Sulingen, Bassum, Syke, Harpstedt oder Weyhe sind: Königsberger Straße, Breslauer Straße, Danziger Straße, Stettiner Straße, Wehlauer Straße, Allensteiner Straße oder Tapiauer Straße.

1975

Die Besitzerinnen und Besitzer des ausgeladenen Mobiliars gehörten 1967 zu den Glücklichen, die eine der ersten 20 Wohnungen des Gewoba-Bauprojektes Lindhof beziehen konnten. Weitere 62 Wohnungen waren bereits in Planung. In den 1960er Jahren herrschte in Syke immer noch Wohnungsnot. Allein für die ersten 36 Wohnungen waren deswegen über 300 Anträge bei der Stadt Syke eingegangen.

Kreiszeitung, Nr. 52, 02.03.1967, 107. Jg.

Seit Anfang der 1970er Jahre wurden die neuen Wohngebiete in Bassum, Twistringen, Harpstedt, Weyhe, Brinkum oder Syke um Spielplätze erweitert. Der Verkehr war zunehmend dichter geworden und damit hatte sich die Zahl der Verkehrsunfälle mit Kindern erhöht. Spielplätze erschienen als eine Lösung für dieses Problem. Der Aufbau folgte den neuen Ansätzen in der Pädagogik. Zusammen mit den Kommunen erschufen die Elterninitiativen für ihre Kinder Erlebnisspielräume, die zum freien Spiel und Gestalten einluden.

Sowohl in den Städten als auch in den Dörfern entfaltete sich eine rege Bautätigkeit. Allein in Bramstedt entstanden zwischen 1945 und 1971 150 Einfamilienhäuser. Im gleichen Zeitraum in Sudweyhe waren es sogar 350 Wohnhäuser. Diese Vorliebe für das kleine Häuschen im Grünen hat sich im Landkreis bis heute gehalten. Viele Baugrundstücke sind bereits verkauft, bevor die ersten Erschließungsmaßnahmen durchgeführt werden. Gleichzeitig mit den neuen Wohngebieten bauten die Kommunen eine komplett neue Infrastruktur auf. Die Gemeinden errichteten Schulzentren, Verwaltungsgebäude, Sportanlagen, Straßen sowie Anlagen für die Abwasser- und Müllentsorgung. Dazu gehört auch die sichere Versorgung mit Trinkwasser, Gas und Strom.

1975

Wie hier in Harpstedt 1975 bauten die Gemeinden neue und leistungsfähigere Kläranlagen. Die kleine Gemeinde hatte bereits seit 1958 eine eigene Kläranlage. Diese war aufgrund der wachsenden Wohn- und Gewerbegebiete zu klein geworden und wurde in mehreren Schritten erweitert. Zur Eröffnung fand ein Tag der offenen Tür statt. Mehrere Schulklassen nutzten die Gelegenheit für den Besuch dieses außerschulischen Lernorts.

Kreiszeitung, Nr. 129, 06.06.1975, 115. Jg.

1976

Die Bürgerinitiative Siedlergemeinschaft Nedderbrake in Bassum errichtete im Frühjahr 1976 an der Ecke Berliner Straße/ Leipziger Straße einen Erlebnisspielplatz. Dafür wurden nach Feierabend ein Röhrentunnel, Klettergerüste, Schaukeln und eine Seilbahn gebaut. Ein besonders beliebtes Baumaterial waren ausgediente Autoreifen, die sowohl für Schaukeln als auch Klettermöglichkeiten genutzt wurden.

Kreiszeitung, Nr. 113, 19.05.1976, 116. Jg.

Die Versorgung mit frischem Trinkwasser und die Entsorgung von Abwässern gehören untrennbar zusammen. Das Trinkwasser wird im Landkreis durch den Wasserbeschaffungsverband Syker Vorgeest, die Harzwasserwerke und den Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband bereitgestellt. 1970 offenbarte eine Untersuchung des Gesundheitsamtes, dass nur 49% der Haushalte im Landkreis Grafschaft Hoya an eine zentrale Wasserversorgung angeschlossen waren. Obwohl die Nutzung von Hausbrunnen wegen der gestiegenen Nitratbelastung durch die intensivierte Landwirtschaft vielerorts nicht mehr empfehlenswert war. Die verstärkten Baumaßnahmen zahlten sich aus, so dass 1976 bereits 80% aller Haushalte einwandfreies Trinkwasser über das neue Leitungsnetz bezogen.

Das Selbstreinigungsvermögen der Flüsse und Gewässer war lange überschätzt worden. Im Verlauf der 1960er Jahre häuften sich die Meldungen, das die hiesigen Gewässer mit Koli-Bakterien belastet waren. Betroffen waren der Klosterbach, die Delme und die Weser, verschiedene Badeanstalten sowie der Lahauser See, Dümmer See und Steller See. 1970 waren nur 34% aller Haushalte im Landkreis an eine den Anforderungen entsprechende Kläranlage angeschlossen, wohingegen der niedersächsische Landesdurchschnitt bei 50% lag. Diese angeschlossenen Haushalte befanden sich in den Städten Bassum Syke, Twistringen und Hoya sowie in den Gemeinden Bruchhausen-Vilsen, Harpstedt, Eystrup und Dünsen. Die Kläranlagen waren durch die stetig wachsenden Wohn- und Gewerbegebiete an ihre Leistungsgrenzen gekommen. Das neue Abwasserabgabengesetz der Regierung Schmidt von 1976 bemaß die Höhe der Abgaben an der Schmutzfracht des eingeleiteten Abwassers. Die Kommunen investierten seit Mitte der 1970er Jahre in die Modernisierung sowie den Ausbau von Kläranlagen und Kanalnetzen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen.

1988

Das Grundstück mit dem 200 Jahre alten Schulhaus der ehemaligen Kolonie Syke war 1988 verkauft und zum Abriss freigegeben worden. An diesem Symbol der lokalen Geschichte wurde eine grundlegende Diskussion über den Denkmalschutz sichtbar, die auch heute noch die Gemüter erhitzt. Welchen Wert haben historische Gebäude als steinerne Zeugen vergangener Lebenswelten? Wie können diese Gebäude mit neuem Leben erfüllt werden, anstatt sie abzureißen?

Kreiszeitung, Nr. 122, 27.05.1988, 128. Jg.