Der Volks­kundler

Auf seinen Streifzügen durch das Sulinger Land mit der Fotokamera hielt Pfaffenberg einige Stücke historischen Hausrats und Mobiliars genauso fest wie handwerkliche Arbeitstechniken des Seilers, des Holzschuhmachers, des Strohdachdeckers und die einzelnen Schritte der Flachsverarbeitung, einer damals bereits fast vergangenen hauswirtschaftlichen wie ursprünglich auch nebengewerblichen Tätigkeit. Im letzten Fall können wir fast schon von einer Gesamtdokumentation sprechen. 

Vollständig unberücksichtigt ließ er in einer bäuerlich geprägten Gegend wie dem Sulinger Land die Landwirtschaft. Ihm war nicht so sehr an der Dokumentation des Gegenwärtigen gelegen, sondern an der des Vergangenen oder des im Verschwinden Begriffenen, ganz im Sinne des damaligen Heimatgedankens.

Frau Korte aus Vorwohlde an ihrem mit zwei Spulen ausgestatteten Bockspinnrad.
Frau Korte aus Vorwohlde an ihrem mit zwei Spulen ausgestatteten Bockspinnrad.
Unverzichtbar auf dem Flett war die offene Anrichte, hier zumeist Richtebank genannt. Dieses mit gedrehten Säulen, Rosetten, Schuppenbändern u.a. sowie Verkröpfungen an den beiden unteren Türen und gedrückten Kugelfüßen reich verzierte Exemplar fotografierte Pfaffenberg 1928 auf dem Hof Lakemann in Affinghausen.
Die Richtebank wurde gegen 1800 langsam durch einen geschlossenen Schrank mit Glastüren ersetzt. Diesen Schrank von 1854 fotografierte Pfaffenberg ebenfalls 1928 in Ströhen auf dem Hof Bücken-Thielemeyer. Er ist auch ein Beleg dafür, dass die ausgiebigen barocken Verzierungen der Mitte des 18. Jahrhunderts im 19. Jahrhundert verschwanden. Sie kamen erst wieder mit dem historisierenden Möbelstil ab den 1870er Jahren auf.
Alter Sessel, wahrscheinlich um 1900 (1931).
Gedrechselter und gepolsterter Stuhl aus dem 19. Jahrhundert aus der Kirche in Mellinghausen (1931).
Altes Salzfass in Vorwohlde, wahrscheinlich um 1700 (1931).
Feuerkiste zum Wärmen der Füße, z. B. beim Spinnen (1931).
Milchkännchen und Zuckertopf aus Keramik mit dick aufgelegtem Dekor stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Möglicherweise handelt es sich um Majolika. Das Foto von Pfaffenberg entstand 1931 in Mellinghausen.
Zwei gusseiserne Mörser mit Stößel, einer davon verziert mit der Jahreszahl 1658, der andere dürfte etwas jünger sein. Gegossene Mörser waren zu der Zeit nicht billig zu haben und stellten auf den Höfen etwas Besonderes dar. Mehr, als dass beide Mörser von 1658 aus Mellinghausen stammen, hat Pfaffenberg in seiner Beschriftung leider nicht verraten.
Zwei gusseiserne Mörser mit Stößel, einer davon verziert mit der Jahreszahl 1658, der andere dürfte etwas jünger sein. Gegossene Mörser waren zu der Zeit nicht billig zu haben und stellten auf den Höfen etwas Besonderes dar. Mehr, als dass beide Mörser von 1658 aus Mellinghausen stammen, hat Pfaffenberg in seiner Beschriftung leider nicht verraten.
Zwei wie die Spinnräder gedrechselte Handtuchhalter aus der Zeit um 1850, beide vom Hof Thiermann in Vorwohlde (1931).
Zwei wie die Spinnräder gedrechselte Handtuchhalter aus der Zeit um 1850, beide vom Hof Thiermann in Vorwohlde (1931).
Kinderwiege mit geschwungenen Front- und Seitenbrettern, ca. 18. Jahrhundert, aus Vorwohlde (1931).
Kinderwiege in etwas schlichterer Form aus dem frühen 19. Jahrhundert, in Maasen (1931).
Ausziehen oder Rupfen des im beginnenden Frühjahr ausgesäten Flachses, im Sommer. Die gesamte Fotoserie zu Flachs und Wolle machte Pfaffenberg 1929.
Flachsbrechen mit der Breche. Dieser Arbeitsgang dient dazu, die holzigen Stengelteile von der Flachsfaser zu trennen.
Drei Frauen an der Flachsbrechmaschine. Zwischen mehreren mit dünnen Eisenstäben besetzten Walzen werden durch die Drehbewegung der Handkurbel die Stengel geknickt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dabei mit weit weniger Zeit- und Kraftaufwand das gleiche Resultat wie mit den Handbrechen erzielt.
Durch das nach dem Brechen erfolgte Schwingen, hier mit der Schwingmaschine, werden die letzten Stengelreste entfernt. Vor der Schwingmaschine und noch gleichzeitig neben ihr wurden ein hölzerner Schwingbock und ein hölzernes Schwingmesser verwendet.
Nach dem Schwingen folgte das Hecheln mit Grob- und Feinhecheln, das sind in einem Hechelbock eingesetzte, mit langen Eisenstiften besetzte Bretter, um die groben Fasern auszukämmen. Mit diesen wurden später Säcke und anderes grobes Leinenzeug gewebt. Nach dem Hecheln folgte das Spinnen der nun fertig vorbereiteten Fasern.
Hier ist nach dem Originaltitel von Kurt Pfaffenberg das „Krassen von Flachs” zu sehen. Aber nicht nur Flachs, sondern auch Wolle konnte versponnen und danach zu Strümpfen und anderen Textilien gestrickt werden. Dafür musste zuerst mit solchen Kratzern der Dreck entfernt werden.
Dieses Foto Pfaffenbergs zeigt Frau Korte aus Vorwohlde an ihrem mit zwei Spulen ausgestatteten Bockspinnrad. Der mit einem verzierten Wockenband umwickelte, aus Flachsfasern gebildete Wocken ist gut zu erkennen. Das Spinnen mit zwei Spulen verlangte besondere Geschicklichkeit.
Um die gewonnenen Leinenfasern weben zu können, mussten sie gehaspelt und dann mittels einer Garnwinde mit dem Spulrad auf die kleinen Spulen für das Webschiffchen aufgespult werden. Spulrad (links) und Garnwinde (rechts) zeigt dieses Foto, aufgenommen in der Stube des Hofes Cording in Vorwohlde. Zu sehen ist Alma Cording, geb. Thiermann.
Zur Flachsverarbeitung gehörte auch das Bleichen. Darüber schreibt Gertrud Hägedorn in ihrem Bericht über einen Bauernhof in Homfeld um 1850: „Zum Weben wurde das Garn von der Bäuerin vorbereitet. In brauner Seife kochte sie das Garn und breitete es dann zum Bleichen auf der Wiese aus. Es musste so lange gebleicht werden, bis das Garn fast weiß wurde.” Diesen Vorgang hat Pfaffenberg zwar nicht festgehalten, dafür eine Bleicherhütte, als Unterkunft des Wächters der den nächtlichen Diebstahl des Garns verhindern sollte.
Frau Ahrenshop am Webstuhl, in Vorwohlde (1929).
Beide Fotos zeigen einen Holzschuhmacher aus der Gemeinde Nordsulingen, zu der auch Vorwohlde gehörte, beim Ausbohren des Schuhinneren mit dem langen Fersenmesser und dem Löffelbohrer.
Beide Fotos zeigen einen Holzschuhmacher aus der Gemeinde Nordsulingen, zu der auch Vorwohlde gehörte, beim Ausbohren des Schuhinneren mit dem langen Fersenmesser und dem Löffelbohrer.
Der Holzschuhmacher 1930 beim Beschneiden und Glätten der oberen Ränder des Holzschuhs, die meiste Arbeit ist bereits getan.
1931 fotografierte Pfaffenberg noch einmal den Holzschuhmacherbock mit zwei noch kaum bearbeiteten Rohlingen, dazu mehrere Holzschuhe in unterschiedlichem Bearbeitungszustand. Hinzu kommen die verschiedenen Werkzeuge wie Löffelbohrer, Fersenmesser, Beil und Zugmesser. Zu keinem der Werkzeuge nennt er Namen oder gibt weitere Hinweise.
Mitarbeiter einer Sulinger Seilerei. Es dürfte sich um die Seilerei von Karl Liebtrau in Sulingen handeln. Im Adressbuch für den Kreis Stolzenau und Sulingen von 1926 ist im Gewerbeverzeichnis für den Kreis Sulingen nur diese Seilerei aufgeführt. Extra für die Fotos Pfaffenbergs 1930 und 1932 dürften sich alle mit einem Teil der Gerätschaften draußen aufgestellt haben. Die viele Meter lange Seilerbahn wird sich, zumindest teilweise, im Inneren des im Hintergrund zu erkennenden Holzgebäudes befunden haben.
Dieses Foto veranschaulicht, wie mit dem Drehen der Kurbel der Seilermaschine auf dem einen und dem Zusammenführen der Fäden am anderen Ende ein kurzes Seil entsteht. eitere Arbeitsvorgänge sind leider von Pfaffenberg nicht fotografisch dokumentiert worden.
Strohdachdecker 1930 aus der Gemeinde Nordsulingen mit seinen wichtigsten Werkzeugen, z. B. dem Deckstuhl zum Festklemmen hinter einer Dachlatte mittels eines langen Dorns. Er konnte sich so Stück für Stück vorarbeiten, bis das gesamte Dach fertig war. Mit dem Klopfbrett beseitigte er Unebenheiten, die Deckung wurde fest.
Die Halme werden hier nach alter Art mit Weiden auf die Dachlatten gebunden. Zu der Zeit verwendete man auch schon Draht, Foto um 1930. Die Arbeit vom Deckstuhl aus ist ebenfalls gut zu erkennen. Neben dem Neueindecken war eine Hauptaufgabe des Strohdachdeckers die Reparatur der Dächer. Neben dem Deckstuhl verwendete man, nicht nur für die unteren Bereiche, lange Leitern, wie auf dem unteren Foto zu sehen ist.
„Strohdachdecker, Nordsulingen” (1931). Das Strohdachdecken war in früheren Zeiten ein typischer Nebenerwerbsberuf von Häuslingen. Hier arbeitet der Dachdecker auf dem Dach, während die Hausfrau die „Schoben” (gebündeltes Dachstroh) mit der Forke anreicht.
Bienenstand auf dem Hof Hainhorst (1926).
Heischebrauch zu Silvester, in Vorwohlde (1926).
Kurt Pfaffenberg vor seinem Bücherregal
Kurt Pfaffenberg vor seinem Bücherregal

Pfaffenbergs Auszeichnungen

Im Laufe seiner über 40 Jahre wissenschaftlicher wie heimatkundlicher Arbeit erhielt Kurt Pfaffenberg zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen von staatlicher wie wissenschaftlicher Seite.

Verschiedene Orden und Auszeichnungen Pfaffenbergs
Verschiedene Orden und Auszeichnungen Pfaffenbergs
Verschiedene Orden und Auszeichnungen Pfaffenbergs